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Hunde in der Schule

Gedanken aus Trainerinnensicht

Schulbegleithund, Schulhund, Klassenhund, Pädagogikbegleithund, Lernbegleithund – es gibt keine einheitliche Bezeichnung im deutschsprachigen Raum für Hunde, die im Bereich hundegestützter Pädagogik in der Schule eingesetzt werden.

Gemeint ist mit allen Bezeichnungen ein Hund, der seinen Menschen (i.d.R. Lehrer:innen, Schulsozialarbeiter:innen, Erzieher:innen…) regelmäßig in die Schule begleitet – mit allen Vor- und Nachteilen.

Hunde in der Schule einzusetzen hält viele Herausforderungen für uns bereit.

Viele Pädagog:nnen erfüllen sich mit der Möglichkeit, den Hund in der Schule einsetzen zu können, einen Herzenswunsch und die hundegestützte Pädagogik erfreut sich daher einer immer größeren Beliebtheit. Neben einer abgeschlossen Ausbildung als Lehrer:in, Erzieher:in oder Sozialarbeiter:in gehört zu einem profunden Einsatz des Hundes auch eine umfassende Weiterbildung im Bereich der hundegestützten Pädagogik. Diese sollte das Mensch-Hund-Team grundlegend auf den Einsatz in der Schule, im offenen Ganztag oder in Kindergärten vorbereitet.

Neben den Grundlagen der tiergestützten Intervention und den rechtlichen und hygienischen Aspekte, sollten auch praktische Trainings-Elemente zur Unterstützung des Hundes im Schulalltag beinhaltet sein. Sprich: Schulhundweiterbildungen sollten aus einem multiprofessionellen Team von erfahrenen Pädagog:innen und Trainer:innen bestehen.

Ist der Einsatz auch ein Mehrwert für den Hund?!

Es steht außer Frage, dass die meisten Hunde lieber bei ihren Menschen sind als allein daheim. Genauso steht aber außer Frage, dass der Einsatz eines Hundes in der Schule sehr gut vorbereitet werden muss.

Je nach System und Größe der Institution, Klassenstärke und Schülerklientel, ist es nicht nur für den Hund sehr belastend ist, sondern auch im hohen Maße für den/ die Pädagog:in. Es ist deutlich mehr im Schulalltag mit Hund zu organisieren versus ohne Hund. Insbesondere die zusätzliche Aufmerksamkeitsteilung mit Hund zum eigentlichen „Tagesgeschäft“ der Pädagog:in, ist ein oftmals unterschätzter Stressor.

Neben dem zusätzlichen Stress bedeutet diese Aufmerksamkeitsteilung aber auch, dass das Wohlergehen des Hundes in der Schule/ Klasse nicht immer zu 100% gut im Blick sein kann und sein Befinden mehr oder weniger aus den „Augenwinkeln“ eingeschätzt werden muss. Damit sind wir wieder bei der sehr guten Vorbereitung des Hundes für den Schuleinsatz, damit dieser Strategien zur Verfügung hat, mit belastenden Situationen in der Schule umgehen zu können. Dies macht auch mehr als deutlich, dass besonders der Mensch gut vorbereitet und weitergebildet sein muss, um diese Anforderungen im normalen Unterricht zusätzlich erfüllen zu können!

In meiner 15-jährigen Praxis in der Weiterbildung im Bereich hundegestützter Pädagogik hat sich gezeigt, dass es vielen Pädagog:nnen zunächst schwer fällt, ihren Hund richtig einzuschätzen.

Die Körpersprache, die Stresssignale, das Konfliktverhalten des eigenen Hundes zu lesen ist mitunter eine große Herausforderung. Insbesondere als „Hundeanfänger“, aber auch 30 oder 40 Jahre Hundeerfahrung bedeuten letztendlich nur Erfahrung mit ein, zwei vielleicht drei Hunden.

Dazu kommen eventuell noch eingefahrene Verhaltensmuster oder veraltete Glaubensätze, welche den achtsamen Umgang erschweren und zu Fehlinterpretationen der Körpersprache des Hundes führen.

Es gibt also für einen ausgewogenen Schuleinsatz nicht nur beim Hund sehr viel zu lernen.

Dass dieses Lernen in Bezug auf Lernverhalten und Körpersprache des Hundes bei der ganzen Begeisterung zum Einsatz des Hundes und den offensichtlich positiven Auswirkungen auf die Schüler oftmals vernachlässigt wird,  zeigt sich leider immer wieder deutlich auf Websites, bei Facebook oder in anderen sozialen Medien in Form von Fotos von überforderten und instrumentalisierten Hunden:

  • Hunde, umringt von streichelnden Kindern, ohne dass sie die Möglichkeit haben, die Situation zu verlassen.
  • Hunde, denen zur Übung der Feinmotorik oder für Übungen der Zuordnung Klammern im Fell, am Geschirr/ Halsband befestigt werden.
  • Hunde, die unter Schülern liegen, damit die Kinder entspannt vorlesen können und die wohltuende Nähe des Hundes spüren können.
  • Hunde, die angezogen werden (Brillen, Haarreifen, jahreszeitlich bedingt Nikolausmützen etc….), weil…???

Dutzende und mehr Fotos von lachenden Kindern und gestressten Hunden, dutzende und mehr Kinder, die diese Dinge dann an den eigenen Hunden zuhause ausprobieren, da durch den Schulhund als Modell signalisiert wird, dass man dies mit Hunden tun kann? Dadurch ist der sichere Umgang von Kind und Hund im häuslichen Umfeld gefährdet und jegliche sinnvolle Bissprävention wird zunichte gemacht.

Das Angebot und der Austausch von Einsatzmöglichkeiten und Ideen mit Hund im Unterricht verbreiten sich immens – i.d.R. ohne angemessene Anleitung zum Training oder zur Vorbereitung des Hundes für diese Einsätze. Trainingspläne zu den Übungen werden nicht erklärt. Es wird nicht besprochen, wie der Hund an die Übung gewöhnt wurde.

In einer eine qualifizierten Weiterbildung, lernen Pädagog:innen
nicht nur die Möglichkeiten, sondern insbesondere die Grenzen
eines umsichtigen Einsatzes des Hundes kennen.

Darüber hinaus sollten sie dort das notwendige Know-How erwerben, die Vorbereitung und das praktische Training des Hundes auf Basis positiver Verstärkung umzusetzen und auch lernen, unerwünschtes Verhalten „positiv“ zu unterbrechen (anstelle des vielbemühten „Nein“ ohne Informationsgehalt für den Hund). Sie sollten verschiedene Signale, Rituale und Gewöhnungsübungen und deren Aufbau kennen,  (z.B. ein Umorientierungssignal, Markersignal, ggf. Boxentraining, Targets, Entspannung, Struktur einer gelenkten Interaktion…) um ihren Hund optimal unterstützen zu können. Und ebenso auch entscheiden, dass es Zeiten gibt, in denen es nicht angebracht ist den Hund mit in die Schule zu nehmen. Nur so kann der Einsatz mittel- und langfristig auch für den Hund ein Gewinn sein.

Es bedarf eines großen Engagements, seinen Hund mit in die Schule zu nehmen. Niemand möchte seinem Hund durch den Einsatz schaden. Daher sollte dieses große Engagement in Bezug auf „Lesen lernen des Hundes“, Training des Hundes und einer sauberen Gewöhnung des Hundes an die Anforderungen in der Schule in Theorie und Praxis ebenfalls auf einem hohen Niveau umgesetzt werden.

Der Einsatz eines Schulhundes kann nicht „nebenbei“ stattfinden!

Es geht bei der Arbeit des Hundes in der Schule nicht um „höher, weiter, toller“. In der Regel bleibt auch nur wenig Zeit – bei einem sinnvoll begrenzten Einsatz – für gelenkte Interaktionen im Schulalltag, in denen der Hund „nicht nur“ präsent ist. Allein diese reinen Präsenzzeiten stellen schon hohe Anforderungen an den Hund und müssen daher gut durchdacht sein!

Die wichtigsten Fragen sollten daher nicht lauten „Wie kann ich meinen Hund in der Schule einsetzen?“ sondern:


„Wie geht es meinem Hund in der Schule?
Bin ich in der Lage, sein Befinden objektiv zu beurteilen?“


In zahlreichen Untersuchungen wurden die positiven Auswirkungen von Hunden auf die (Lern)Atmosphäre, auf das Lern- und Arbeitsverhalten, auf das körperliche Wohlbefinden und auf die positive sozial-emotionale Entwicklung von Kindern nachgewiesen.

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